Gastbeitrag

Women in Gaming

“Mobile Gamers aren’t Gamers” – die gespaltene, streitlustige Gaming-Community hat endlich einen gemeinsamen Konsens gefunden. Egal ob Team Konsole oder Team PC, in einem Punkt sind sich alle einig: Handyspiele, Facebookspiele oder Webgames sind keine echten Games. Daher sind deren Fans auch keine echten Gamer:innen. Egal wie viel Zeit oder Geld investiert wird, so genannte Casual-Gamer:innen haben keinen Platz in der Gaming-Community. Ja und wer sind diese Casual-Gamers? Es sind hauptsächlich Frauen. 

© Photo by Nicolas Gras on Unsplash

Genau genommen sind es 66 %, also ⅔ und damit dominieren sie diese Spielekategorie. Aber warum spielen Frauen hauptsächlich “einfache” Spiele? Warum interessieren sie sich weniger für kompetitive Multiplayer-Games? Könnte das womöglich an dem Umfeld, dem Zugang und dem Ruf der Gaming-Community liegen?

Ist das Spielen von Casual-Games weniger eine Entscheidung für Handy-Spiele, sondern mehr eine Entscheidung gegen die männerdominierte Konsolen- und PC-Welt?

Wir werden wohl nie erfahren, wie viele potenzielle Gamer-Girls ihre Leidenschaft nicht entfacht haben, weil ihnen der Zugang verwehrt geblieben ist. Aber eine Sache kann ich mit Sicherheit sagen: Als Frau in der Gaming-Welt hat “man” es nicht leicht. 

Ich sollte es wissen, schließlich bin ich beruflich, privat und mit vollem Herzen mit der Gaming-Community verbunden. Angefangen mit einer kleinen Nintendo Handheld Konsole, PS2 und PS3, bin ich heute stolze Mama eines 2.000 Euro PC Set-ups. Außerdem arbeite ich bei der Gaming Location AREA52, bin lizenzierte E-Sports Referentin und Teil des Podcast-Trios Nerdsisters. Und so sehr ich diese Welt liebe und die Menschen, die ich so kennengelernt habe schätze, so sehr habe ich auch mit Vorurteilen, mit Unsicherheiten, ja Ängsten, und mit einem Gefühl des Außenseiterinnendaseins zu kämpfen. 

Warum Multiplayer-Games so verdammt schwer sind

Ich spiele seit vier Jahren das kompetitive First-Person-Shooter Game Overwatch. Etwa 16 % aller Spieler:innen sind Frauen – also nur ein kleiner Teil.

Von sexistischen Kommentaren wie “go back to the kitchen” bis hin zu stumpfen Anmachen habe ich bereits alles erlebt. Und ich weiß, dass ich mit diesen Erfahrungen nicht alleine dastehe.

Hampus Bergström und Niklas Ericsson haben “How toxicity differ between male and female players in competitive Overwatch” untersucht, und – wenig überraschend – signifikante Unterschiede bei den Geschlechtern festgestellt:

72 % aller befragten Frauen haben angegeben, ihr Geschlecht aus Schutz beim Spielen verstecken zu müssen. 82 % haben bereits Anfeindungen aufgrund ihres Geschlechts erfahren und über 50 % würden die Menge dieser toxischen Zwischenfälle als “oft” oder “sehr oft” beschreiben. Da ist es nicht verwunderlich, dass Frauen deutlich seltener den In-Game Voice-Chat verwenden – beim Text-Chat sieht man hingegen keinen signifikanten Unterschied. 

© Photo by Branden Skeli on Unsplash

Ja, und wenn hobbymäßiges Zocken schon mit so vielen Hürden verbunden ist, dann kann der professionelle eSport, auf gut Deutsch gesagt, “scheißen gehen”. Nur eine Handvoll Frauen schaffen den Sprung zur beruflichen Gamerin – sie machen gerade einmal 5 % aller professionellen eSportler:innen aus. Dabei sind die Zuschauer:innen von Turnieren, Events und Ligen keineswegs nur Männer. Im letzten Jahr ist die Zahl der weiblichen eSport Fans auf 40 % gestiegen. Zu behaupten, Frauen würden sich einfach nicht für Videospiele interessieren, ist also Bullshit. 

Von Frauen für Frauen 

Damit Mädchen und Frauen ihre Leidenschaft für Spiele entfachen, braucht es Repräsentantinnen ganz am Anfang der Entwicklungskette – also im Game-Development. Hier sind sie nämlich stark unterrepräsentiert – und das nicht ohne Grund. Spielestudios von Riot, Ubisoft bis zu Blizzard, haben immer wieder mit schwerwiegenden Anschuldigungen zu kämpfen. Diskriminierung, Belästigungen und ein generell toxisches Arbeitsumfeld erwarten Frauen im Game-Development. Genaueres könnt ihr euch in unserer 10. Podcastfolge auf nerdsisters.at anhören. Aber Achtung, die Geschichten sind nichts für schwache Nerven. Bevor ich jetzt aber ein ganz anderes Thema anschneide (wie wir in der Podcastfolge), möchte ich noch einmal zusammenfassen: 

© Photo by Afif Kusuma on Unsplash

Videospiele sind nicht in unsere Genetik verwoben. Unsere Chromosomen bestimmen nicht, wie gern oder gut wir zocken. Jahrelange Exklusion haben eine männerdominierte Gaming-Community geschaffen, die sich nur langsam an die Inklusion von Gamer-Girls gewöhnt.

Damit Frauen eine reale Chance haben, auf egal welcher Plattform und egal mit welcher Intensität zu spielen, braucht es mehr Games von Frauen, mehr Förderung für einen vielfältigen eSport und Aufklärung – angefangen bei den ganz Kleinen. Nur so schaffen wir eine Zukunft, in der Mann, Frau und alle anderen Identitäten miteinander zocken können. 


Gastautorin

Lea Zauner // Nerdsisters

No Bashing – just Awareness. Nach diesem Motto haben Ari, Iris und Lea vor ca. einem halben Jahr den Podcast “nerdsisters” gegründet. Ziel ist es, Frauen in der Nerdwelt sichtbarer zu machen und die weibliche Perspektive zu beleuchten. Denn obwohl jedes der Mitglieder einen sehr engen Bezug zu verschiedenen Popkultur-Elementen hat, so hat auch jede von ihnen bereits Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts erfahren. Der Beitrag stammt von Videospiel-Expertin Lea, die seit mehreren Jahren täglich zockt und sehr eng in die österreichische eSports Szene verwickelt ist. Falls ihr mehr von den Powerfrauen hören wollt, ihr findet sie auf www.nerdsister.at!

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