Gastbeitrag

Vulva-Casting: Ich habe mir meine Vulva eingipsen lassen

Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, mal einen Abdruck meiner Vulva machen zu lassen, ihn dann aber immer wieder fallen gelassen. Bis meine Freundin mich dazu überredet hat. Ihr O-Ton: „Vulvarium kommt nach Wieeeen!!“. Also gut, als Doula und Zykluscoach war meine Neugier dann doch größer und ich habe zugesagt.

Viktoria, die Gründerin von “Vulvarium”

Auf gings also zu Viktorias Vulva-Casting. Dafür hatte sie sich eine nette airbnb Wohnung im 6. Bezirk gemietet. Sie kommt eigentlich aus Graz und mach dort ihre Gipsabdrücke, aber immer öfter kommt sie jetzt auch nach Wien, weil die Nachfrage so groß ist. Wir kamen also zu zweit und bei einer Tasse Tee hat uns Viktoria über ihre Arbeit erzählt. Sie hat mit dem Vulva-Casting im Februar 2020 begonnen und das Ganze hat ziemlich schnell eingeschlagen. Auf ihren ersten Aufruf haben sich gleich 60 Frauen gemeldet. Dann kam Corona, aber Viktoria hat es trotzdem geschafft, eine beachtliche Reichweite aufzubauen, mit bereits über 8000 Follower*innen auf Instagram.

Fast täglich schreiben ihr Menschen aus aller Welt, wie dankbar sie seien, dass sie die Vielfalt der Vulva auch abseits der vermeintlichen Norm abbildet. Menschen aus aller Welt bekommen durch ihre Abdrücke und Statuen ein neues Gefühl der Wertschätzung. 

„Es ist ok, so wie ich bin“ oder „Ich habe mich nun doch gegen die Intim-OP entschieden, weil ich dank dir gesehen habe, dass ich doch ganz normal aussehe“, sind Nachrichten, die sie bekommt. 

Siegeszug der Vulva

Leider ist Instagram ihrer Arbeit bereits auf die Schliche gekommen und obwohl ihre Statuen einen aufklärerischen Zweck verfolgen und vielen Frauen* das Selbstbewusstsein stärken, hat Instagram ihr mit der Schließung des Accounts gedroht. Viktoria lässt sich zum Glück nicht aufhalten! Sie hat inzwischen auch schon Zuspruch von Gynäkolog*innen erhalten, die dankbar sind, dass es nun endlich eine Möglichkeit gibt, Frauen* auf ästhetische Weise die Vielfalt der weiblichen* Anatomie zu zeigen. Fotos seien da doch eher abschreckend. Während wir so dahin plaudern, wird schon mal die Masse für den Abdruck angerührt. Biologisch und abbaubar soll die Masse sein, das ist Viktoria ganz wichtig. Sie studiert Biologie – nicht Kunst – und ist eher durch Zufall auf die Vulva-Abdrücke gekommen, mit denen sie in Zukunft ihren Lebensunterhalt finanzieren möchte.

Das “Problem” mit den Vulvahaaren

Und schon ist es soweit, die Erste von uns geht ins Badezimmer, um sich frisch und vor allem nackt zu machen. Im Bad steht eine Nivea-Dose mit der frau sich ein bisschen einschmieren soll, damit die Masse auch wieder runtergeht. Wir mussten glatt rasiert zum Termin erscheinen. Einen Bericht über die erste Rasur meiner Freundin findet ihr hier. Viktoria findet das selbst gar nicht so toll und hebt dabei ihre Arme, um ihre Achselhaare zu zeigen. „Ich suche gerade nach einer Masse, mit der ich die Vulvahaare gut abbilden kann“. Denn dadurch wird die Vielfalt doch gemindert. Momentan lässt es sich leider noch nicht ändern, denn Haare würden zur Bildung von Luftbläschen führen, wodurch die Form nicht mehr klar sichtbar ist.

Meine Freundin hat es sich inzwischen auf dem Sofa bequem gemacht und die Beine gespreizt. Viktoria bringt eine blaue Masse und beginnt, sie auf ihre Vulva zu schmieren. „Ganz schön kalt“, berichtet meine Freundin. Während Viktoria weiterarbeitet und die Gipsschicht aufträgt, erzählt sie uns, wie viele Frauen* die Abdrücke als etwas zutiefst Bereicherndes empfinden würden. Frauen* begreifen oft erst dadurch, wie schön sie „unten rum“ sind. Ist ja auch klar, wir haben kaum Vergleichswerte.

Als ich an der Reihe bin, muss auch ich schmunzeln. Das Ganze fühlt sich so gar nicht wie bei einer gynäkologischen Untersuchung an. Bis auf die kalte Masse ist es eigentlich recht gemütlich, so ganz unter Frauen.

Abwarten und Tee trinken

Die Prozedur dauert keine 10 Minuten, da darf ich mich auch schon wieder abwaschen gehen. Viktoria legt die beiden Abdrücke vorsichtig zum Trocknen ab und wir bestaunen unsere Vulven. Ein bisschen wird es noch dauern, bis Viktoria aus dem Negativ ein Positiv gemacht haben wird. Die Statuen bekommen wir dann in 2-3 Wochen zugeschickt. Wir dürfen uns auch noch die Farbe aussuchen, in der sie lackiert wird. Ganz entschieden habe ich mich noch nicht. Aber ich weiß jetzt schon, dass die Statue bei mir einen Ehrenplatz bekommen wird. Ist ja nicht aller Tage, dass man sich seine Vulva abdrücken lässt!

PS: Als Doula erlebe ich es oft, dass Frauen sich nach der Geburt für ihre Vulva schämen. So ein Abdruck kann sehr heilsam sein, um die Geburtsverletzungen zu integrieren. Ein Abdruck vor und nach der Schwangerschaft ist ebenfalls zu empfehlen!


Gastautorin

Eva Teja Tschiderer

Eva Teja Tschiderer, B.A. ist Kulturwirtin, Doula, Yoga-Lehrerin, Sacred Femininity Coach und Vaginal Steaming Practitioner. Sie leitet Frauenkreise und Workshops sowie Einzelsessions zum Thema Yoga, Menstruation, Zykluswissen und weibliche Gesundheit. Weiters begleitet sie Frauen während der Schwangerschaft, der Geburt und im Wochenbett. Seit ihrem 17. Lebensjahr beschäftigt sie sich mit Bewusstseins- und Energiearbeit auf emotionaler, seelischer und körperlicher Ebene. Mit ihrer Arbeit begleitet sie v. a. Frauen auf ihrem Weg zu bewusst gelebter Weiblichkeit. Sie arbeitet in Wien, Salzburg und online.


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